The power 
of friendship

Boys of nature forever!

2021: Lorch am Rhein, Wispertal


Im Zeichen des Wurms!


Alle Neune: Wispertal-Adventures mit General-Mobilmachung

Die Herrenwanderer im September 2021 (von links nach rechts):

Bushido, Dubai-Daum (mit Penninger, frisch eingeschult), Schlock, Titte, van Benderchem, Joe, O-Jay-Jay, General und Wiedehopf.

Prolog

Am 30. März 2021 um 7.24 Uhr verkündete Dr. Schoko seinen langjährigen Freunden in einer kurzen Mail, dass er zu dem Entschluss gekommen sei, künftig nicht mehr an den Herrenwanderungen teilzunehmen.
Er
„fremdele mittlerweile mit diesem Format“ und wolle „nicht mehr länger innerlich rumeiern“. Stattdessen mache er jetzt „Feng Shui im Kopf“, werfe also beherzt altes Gerümpel über Bord. Doch die E-Mail des Schokoladen-Doktors verhallte größtenteils wie ein Schrei im Wind, zumal Schoko noch im September 2020 voller Freude ausgerufen hatte: „Es waren drei sehr schöne Tage im Sauerland mit viel Fröhlichkeit, aber auch ausreichend Zeit für wechselseitigen Austausch. Komme also künftig gerne wieder regelmäßig mit …“


So schnell können sich Ansichten ändern. Letztlich aber ist es völlig egal, was Dr. Schoko fühlt, denkt, schreibt oder beschließt, denn bei den Herrenwanderern gilt seit Jahren das „Hotel California“-Prinzip:
„You can check out any time you like, but you can never leave“
. Deshalb war Schoko natürlich auch in diesem Jahr wieder mit dabei – in den Herzen seiner Freunde!


Donnerstag, 16. September 2021

Am Anfang stand der Bruch mit einer Tradition: Kein Treffen am Ärztehaus diesmal – der Tourmaster hatte befohlen, sich direkt am Ort des Geschehens, also im „Hotel im Schulhaus“ im nahe gelegenen Lorch am Rhein, zu treffen. Und zwar – bitteschön – um 16 Uhr. Vielleicht bremste das pfeilschnelle Schlockmobil mit  „Seipel, dem Spinner“ himself und seinen von Angstschweiß beträufelten Mitfahrern Dubai-Daum, van Benderchem und dem ab sofort fest in die Truppe integrierten OJJ deshalb erst 50 Minuten zu spät vor dem Hotel – und somit knapp vor Beginn der für den ersten Abend organisierten Führung durch das idyllische Örtchen, das den Herrenwanderern für drei Tage als Homebase diente. Der Wiedehopf war schon Stunden vorher vorbildlich per pedes (auf dem E-Bike) angereist, Bushido und Tourmaster Titte hatten es, mild-hybrid getrieben, von Wiesbaden aus immerhin pünktlich geschafft und bereits ihre Zimmer bezogen. Nach einem schnellen Check-in der „späten Vier“ startete die siebenköpfige Truppe dann zu einem inspirierten Rundgang durch Lorch unter Führung von Herrn Edwin Schneider, der in seinem Heimatort jeden Winkel kennt, pausenlos Bekannte grüßt und die triste Einfallstraße konsequenterweise schnell verließ. 

Schon nach wenigen Minuten gab’s eine erste Verschnaufpause auf dem Marktplatz direkt vor dem Rathaus, danach Besuch der ehemaligen, jetzt denkmalgeschützten Pfarrkirche St. Martin, seit 2002 Teil des UNESCO-Welterbes Oberes Mittelrheintal. Mittelpunkt der Kirche ist der prächtige, 1483 errichtete Hochaltar, der als größter und ältester nachgewiesener Holzschnitzaltar und als das wertvollste Kunstwerk im Bistum Limburg gilt. Eine weitere Besonderheit stellt das sogenannte „Riesling-Register“ der Orgel dar. Nach Betätigung des Registerzuges „Riesling 2f“ ertönt Vogelgezwitscher und es öffnet sich eine kleine Tür, hinter der zwei Flaschen Riesling und zwei Weingläser versteckt sind. All diese Fakten brachten die Herren nicht nur zum Staunen, sondern auch in Stimmung. Nach weiteren Zwischenstopps, unter anderem am historischen Hilchenhaus und am Leprosenhaus, setzte Gäste-Guide Schneider die hungrige Truppe Punkt 19 Uhr vor der Weinwirtschaft Laquai ab, wo man im lauschigen Außenbereich Platz nahm und – nach leicht zurückhaltendem Start – dank Zuführung schmackhafter Nahrung sowie bereitwilliger Leerung mehrerer Flaschen Spätburgunder – zu ganz großer Form auflief. Beschwingt und leicht benebelt strebte man dann den blitzsauberen Hotelbetten entgegen – in froher Erwartung des ersten Wandertags.


Freitag, 17. September 2021

Das Frühstück ließ kaum Wünsche offen (lediglich die „Bild“-Zeitung fehlte), und so konnte das Septett hoch motiviert und bestens motorisiert ins Wisper-Outback und damit zum Startpunkt des Wispertrails „Naurother Grubengold“ im 30 Minuten entfernten Heidenrod-Nauroth aufbrechen. Kaum vom Wanderparkplatz „Naurother Heide“ aus losgewandert, hatte man sich auch schon zum ersten Mal verlaufen, wurde aber vom Tourmaster anschließend mit App-Unterstützung auf Linie getrimmt. Und so ging es durch Wald, durch viel Wald, aber auch durch viel Flur, vorbei an Schiefergruben, über denen noch bis 1964 ein „Glückauf“ ertönte, hinein ins wildromantische Herzbachtal, das heute Naturschutzgebiet ist. Der Weg war weit – und dem einen oder anderen schmerzten schon die Füße, als endlich der kleine Wispersee in Sicht kam, wo das erste Gruppenfoto der diesjährigen Tour entstand. Von dort aus war es nicht mehr weit zur „Hexenmühle“ in Wisper, einem Lokal mit unerwartet farbenfroher Inneneinrichtung, zumindest im selbstgezimmerten Zelt-Anbau, wo Plüschkissen in Rosa- und Purpletönen im Team mit Hirsch-Repliken unterschiedlichster Couleur für Irritationen, dann aber auch für herzerfrischende Lachsalven sorgten. Und was gab’s zu essen? Frische Wisperforelle natürlich, zumindest für sechs Wanderer. Dubai-Daum hatte seiner täglichen Portion Thunfisch aus der Dose den Vorzug gegeben, um sie anschließend im Magen mit einer Schicht Penne zu bedecken. Gegen 14.30 Uhr traten die Herrenwanderer den Rückweg an, anderthalb Stunden später hatte man die Wanderrunde vollendet und fuhr ins Hotel zurück. 

Dort kurze Siesta, die freilich schon bald durch eine bekannte sonore Stimme untermalt wurde: Es ertönte das Wippische Vokalorgan, wie immer sinnierend über die Welt und natürlich im Sensurround-Sound. Aber ausnahmslos alle, auch Joes Freund Penninger, waren froh, den mittlerweile pensionierten Richter aus Rödermark mit einem Tag Verspätung endlich in ihrer Mitte zu wissen. Um 18.40 Uhr versammelte sich die Truppe vor dem Hotel, als Unglaubliches geschah: Ein stahlblauer BMW mit dezenten roten Mantastreifen fuhr vor – und aus dem Innenraum grüßte … der General! Wahrlich, er war es, da gab es kein Vertun. Verdutzte Gesichter durch die Bank weg (vielleicht mit Ausnahme des Tourmaster-Konterfeis, da dieser den Deal schon vor Wochen eingefädelt hatte). So war man plötzlich wieder zu neunt – und wenn man Penninger dazuzählt, war sogar die Truppenstärke von einst wieder erreicht, freilich nur zahlenmäßig, denn zumindest eine Lücke lässt sich leider nie mehr schließen. Verblüfft, aber von Wiedersehensfreude gezeichnet, machten sich alle Neune auf zu einem Ort, der zur Bühne einer der geschichtsträchtigsten Abende in den Annalen der Herrenwanderer werden sollte. 

Dabei begann alles ganz harmlos: Ganz am Ende von Lorch (mancher hatte die Hoffnung schon aufgegeben) liegt das Weingut von Robert Wurm, der im Jahr 2014 das 1841 gegründete Lorcher Weingut Ottes übernommen und sich damit einen Traum erfüllt hat: „Raus dem Konzern-Chefsessel, rein in die Arbeitskleidung. Ein überragendes Gefühl!“, wie er nassforsch bekennt. Die Internetseite des Wurms hatte neugierig gemacht: Schon seit seiner Jugend betreibe er Kampfsportarten wie Taekwondo oder Hapkido, sei mittlerweile stolzer Träger des 6. (Steely) Dans und gehöre damit zur Kendō-Elite Europas. Korea und Lorch, Kampfsport und Wein – Wurm vereine zwei Welten zu einer Philosophie. Eine Aufgabe, die Geduld, Präzision und Hingabe erfordere. Beim Warmlaufen auf der etwas kühlen Terrasse mit Blick auf den schönen Rhein und akustischer Untermalung durch kreischende Züge, wussten die Wanderer noch nicht, dass auch von ihnen an diesem Abend insbesondere Geduld verlangt werden sollte, während Wurm die beiden anderen Ingredienzien seines Lebensstils (Präzision und Hingabe) sträflich vernachlässigte. Um es kurz zu machen: Es dauerte über zwei Stunden, bis die bestellten Speisen die Tischplatte der mittlerweile in den Innenbereich umgezogenen Truppe erreichten.


Doch oh Wunder: Trotz General-Mobilmachung und richterlichem Urteilsdrang litt die Stimmung keineswegs unter dem Serviceausfall. Allerdings: Es hätte möglicherweise noch länger gedauert, wenn nicht Dubai-Daum plötzlich aufgestanden, in die Küche gegangen, dort den Tiiiisch umgetreten, den Wurm gegen die Ohren gehauen und das Hilfspersonal nach Hause geschickt hätte. Der Wirt hat darauf hin völlig betroffe sein Schwert in die Ecke gestellt und ist gegange – und zwar: mit den bestellten Speisen, an den Tiiisch der Herrenwanderer, um dort mehrere Runden koreanischen Reisweins zu spendieren. Möglicherweise war es auch anders. Fest steht jedenfalls: An diesem Abend war der Wurm drin – und der Tourmaster dankte dem Wirt im Stillen für dessen Nachnamen, denn er wusste, dass sich dieser Wurm mit Gewissheit zum Bandwurm entwickeln würde. Was er auch tat – und zwar unmittelbar, nachdem die angesäuselten Neun das Freie erreicht hatten. Im Schein des Mondenlichts machte man sich beherzt Luft und nahm auf dem Nachhauseweg gleich noch bei der putzmunteren Jacqueline Rößler einen Wein-Absacker. Danach irrte der Herrenhaufen durch die nächtlichen Gässchen zurück ins Hotel. Zum Überqueren der Straße nutzte man trotz hoher Promillezahlen vorschriftsmäßig den Zebrastreifen, was für einen legendären Schnappschuss sorgte: Abbey Road in Lorch am Rhein!


Van Benderchems verklärte Wandererwelt






Samstag, 18. September 2021

Ein wenig Nebel lag noch in den Lorcher „Bergen“, als die Herrenwanderer die zweite Herausforderung der Tour annahmen: eine Wanderung auf dem Rheinsteig von Lorch nach Kaub. Los ging’s direkt vom „Hotel im Schulhaus“ aus, völlig unerschrocken übrigens, trotz Warnhinweisen, die darauf aufmerksam machten, dass der Weg anspruchsvoll sei und Trittsicherheit sowie Schwindelfreiheit erfordere. Letzteres war nach dem Exzess des vergangenen Abends sowieso nicht zu garantieren. Nach wenigen hundert Metern ging’s stramm bergauf, die Waden schmerzten, die Lungen keuchten – es war herrlich … zumal die Sonne schon bald den Nebel vertrieb und wunderbare Aussichten auf das Rheintal freigab. Die Szenerie wirkte wie gemalt – fast zu schön, um wahr zu sein. Ein Zwischenstopp war diesmal beim „Grenzvogt“ geplant, einer urigen (und bewirtschafteten) Hänsel und Gretel-Hütte im Wald, die zwar eine tolle Internetseite hat, aber bei Ankunft der Truppe gegen 11.11 Uhr immer noch geschlossen war. 

Zeit für den Wurmfortsatz: Gemutmaßt wurde, dass der geduldige Robert möglicherweise für die Bewirtung verantwortlich sei. Zum Glück wurde man schnell eines Besseren belehrt: Auf dem Quad kam Claudia, die gute Fee der Hütte, herangeknattert, hatte dann aber nur Getränke und ein paar Grillwürste anzubieten. So löschten die Wanderer nur mit Radler (sic!) den Durst und sparten sich den Hunger für die Ankunft in Kaub auf (Ausnahme: Thunfischdosen-Daum, der – wie immer – pünktlich nährstoffreiche Nahrung zuführte). Schon kurz vor 13 Uhr war Kaub erreicht – ein Ort, wo niemand abgemalt sein möchte. Immerhin: einen Biergarten gab’s, direkt am Pegelhaus. Dort füllte man die knurrenden Mägen mit Pommes und Currywurst, wanderte anschließend ganz in Ruhe zum Anleger der Köln-Düsseldorfer, erwarb Tickets im Kartenhäuschen und enterte kurz nach 14.30 Uhr die „Godesburg“, um damit auf dem Rhein wieder zurück nach Lorch zu schippern. Jetzt war reichlich Zeit zum Ruhen, bevor es – Stunden später – zunächst erneut ins Weingut Rößler ging, wo die Herren bereits am Vorabend gesoffen hatten. Dort nahm man im Kollektiv binnen anderthalb Stunden zwei Flammkuchen sowie drei Flaschen Wein und mehrere Flaschen Wasser zu sich (Joe wäre sogar bereit gewesen, für eine 8,50 Euro teure Flasche Regent aus dem Hause Rößler ohne mit der Wimper zu zucken 58 Euro zu zahlen) und wechselte dann ins Weingut Germersheimer, wo ein Thai in der Küche steht und so gut wie keine Probleme damit hat, zwei Philosophien (nämlich die thailändische und die deutsche) zu einer schmackhaften lukullischen Welt zu verbinden. So wurde auch der dritte, diesmal wurmfreie Abend zu einem gruppendynamischen Erlebnis von Bacchus’ Gnaden – ein mustergültiges Beispiel für Harmonie unter Freunden. Völlig zufrieden (und abgefüllt) ließen später alle Teilnehmer ihre Häupter in die Kissen sinken.


Sonntag, 19. September 2021

Alles hat ein Ende – nur der Wurm hat zwei. An diesem alten Sprichwort kommt keiner vorbei, auch kein Herrenwanderer: Nach Frühstück und Gruppenbild setzten die unweigerlichen Auflösungserscheinungen ein. Aber auch ein bisschen Vorfreude war schon spürbar, denn: Nach der Wanderung ist vor der Wanderung. Alle sind schon jetzt gespannt, was sich der Tourmaster des Jahres 2022, der mittlerweile zu erstaunlicher Gesprächsfähigkeit gereifte Wiedehopf, einfallen lassen wird. Spätestens im nächsten Jahr werden wir’s wissen, wenn eine weitere Fortsetzung der Herrenwanderer-Saga folgt!